Nach einem einleitenden Kurzvortrag von Herrn O. Thiele über das Verstehen
im Unterricht zwischen Schüler und Schüler, und zwischen Schüler und Lehrer
haben wir ein Experiment durchgeführt. Wir haben uns gegenüber –
versetzt in einer Reihe – aufgestellt und die Zeigefinger auf eine Höhe
nach vorne nebeneinander ausgestreckt. Dann hat Herr Thiele einen langen Stab
über unsere Finger gelegt. Unsere Aufgabe bestand nun darin: Die Finger
müssen die Stange die ganze Zeit berührern und die Stange muss auf den Boden
gelegt werden. Während des Experiments sollten wir uns selbst beobachten. Auf
Grund der geringen Teilnehmeranzahl (fünf Teilnehmende) haben wir die Aufgabe
gut und schnell erledigen können. Es hat sich herausgestellt, dass jeder die
Situation anders wahrgenommen hat und auch unterschiedliche Rollen
eingenommen wurden.
Im anschließenden Gespräch thematisierten wir das »Verstehen« und kamen auf
ein Verstehens-Modell, bei dem Erfahrungen, Vorstellungen, Begreifen und
Metakognitionen das Verstehen auszeichnen. Dabei ist mit dem Begreifen das
logische begriffliche Denken ausgedrückt und keineswegs mit Verstehen
gleichzusetzen. Das Begreifen ist somit ein Teil des Verstehens, sowie das
Vorstellen. Verwendet man beispielsweise den Begriff »Forstwirt«, könnten je
nach Vorstellungen der Schüler, dieser aus dem Teilwort Wirt den Begriff mit
Kneipe oder Bar assoziieren.
Herr Thiele hatte nun eine weitere Aufgabe für uns vorbereitet. Er gab jedem
von uns eine Kaffeebohne. Wir sollten diese zunächst beschreiben und
anschließend schätzen wie viele davon in einer 500g Packung sind.
Wir führten anschließend eine Diskussion über Verstehensprobleme die bei Modellen im Informatikunterricht auftreten können. Als Beispiel möchte ich das für Schüler schwierig zu verstehende Problem des Vertauschens von zwei Werten zweier Attribute nennen. Die erste Idee a:=b und b:=a, die häufig spontan entwickelt wird, führt nicht zu einer korrekten Lösung. Schülern könnte man mit dem folgenden Modell auf die Sprünge helfen: man nehme zwei gleiche Gläser und fülle diese mit unterschiedlich viel Wasser. Ein Glas makiert man mit einem Punkt, so dass die Gläser unterscheidbar sind. Die Schüler können nun selbst eine Lösungsidee entwickeln: a:=a+b, b:=a-b, a:=a-b. Das Problem ist nur, dass dieses Modell nicht in jedem Fall zu korrekten Ergebnissen führt: die Gläser könnten überlaufen für den Fall: a:=a+b. Als Modell hilft es den Schülern dennoch beim Verstehen. Allerdings sollten der Lehrkraft solche Probleme bekannt und bewusst sein.
Es war schade, dass wir nur so wenig Teilnehmer waren. Herr Thiele hatte eine Menge Material vorbereitet, das wir auch gut in unserer kleinen Gruppe bearbeiten konnten. Er brachte uns das »verständnisintensive Lernen«, das den konstruktivistischen Ansatz verfolgt, mit zahlreichen, unterschiedlichen Aufgaben und Beispielen näher. Außerdem informierte er uns über das Entwicklungsprogramm für Unterricht und Lernqualität (E.U.LE.) des Thüringer Kultusministeriums, an das teilweise die Inhalte des Workshops angelehnt waren. Zusammenfassend kann man sagen, dass uns Teilnehmer sehr deutlich wurde, dass wir untereinander bei bestimmten Begriffen andere Assoziationen gedanklich verfasst hatten und deshalb die Wortwahl und die Wahl eines Modells für den Unterricht entscheidend ist.