Dr. Christoph Thomann arbeitet an der Technischen Berufsschule Zürich und stellte auf der Infos '05 in Dresden das Konzept der Informatiklehre der Schweiz vor. Der folgende Artikel fasst diesen Vortrag zusammen.
Die im letzten Jahrzehnt enorm wachsende Zahl der Informatikerberufe hatte das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie im Jahr 2000 dazu veranlasst, die Genossenschaft Informatik Schweiz (www.i-ch.ch) als Dachorganisation für die berufliche Ausbildung all dieser Informatiker ins Leben zu rufen. Die berufliche Ausbildung der schweizerischen Informatiker verlangt den erfolgreichen Abschluss der 9. Klasse und umfasst einen Zeitraum von vier Jahren. Sie ist dual in dem Sinne, dass die Auszubildenden drei Tage pro Woche im Lehrbetrieb und die übrigen zwei Tage in der Schule ausgebildet werden. An einem der zwei Schultage werden allgemeine Berufskenntnisse und allgemeinbildende Inhalte aus den Bereichen der Mathematik, den Naturwissenschaften, der Wirtschaft sowie das Fach Englisch vermittelt. Am anderen Schultag wird Informatik- und (aufgrund fehlender Hallen nur selten) auch Sportunterricht erteilt.
Das Besondere an der Informatiklehre ist sein Modulcharakter, der seit dem Jahre 2001 an einigen Kantonen der Schweiz als Pilotprojekt und seit diesem Jahr für alle Kantone verbindlich eingeführt wurde. Die Informatikinhalte wurden in 70 Module aufgeteilt, die den drei Schwerpunkten Support, Systemtechnik und Applikationsentwicklung zugeordnet sind. Die Module sollen handlungs- und praxisorientiert unterrichtet werden, um Handlungskompetenz zu erzeugen und die Ernsthaftigkeit der schulischen Ausbildung hervorzuheben. Beispielsweise gibt es Module zur Gestaltung einer Homepage, zur Administration eines Netzwerks, zur Beratung von Kunden, zur Beseitigung von Störungen oder zum Schreiben eines Programmes.
Es gibt 16 grundlagenbezogene Module, von denen jeder angehende Informatiker zwölf erfolgreich absolvieren muss. Darüber hinaus müssen zwei Schwerpunkte gewählt werden, aus denen jeweils sechs weitere Module hinzukommen. Eine freie Modulwahl ist dabei nicht vorgesehen. Jedes Modul wird mit einer benoteten Prüfung abgeschlossen, auf eine Abschlussprüfung wird hingegen verzichtet. Dr. Thomann wies in diesem Zusammenhang auf den sich dadurch ergebenden Vorteil hin, dass bereits nach ein oder zwei Ausbildungsjahren offensichtlich würde, wer diese Berufsausbildung erfolgreich absolvieren könne und wer nicht.
Die Genossenschaft Informatik Schweiz verspricht sich von dem Modulkonzept ein hohes Maß an Flexibilität. Schließlich könne für jeden Auszubildenden eine geeignete Modulzusammenstellung vorgenommen werden, die sich an den regionalen und betrieblichen Bedingungen orientiere. Darüber hinaus erleichtere das Modulkonzept durch den Austausch einzelner Module die Orientierung an aktuellen Fachinhalten. Dennoch wies Dr. Thomann auch auf mögliche Probleme hin. Beispielweise erfordere das Modulkonzept einen erheblichen administrativen Aufwand, insbesondere im Zusammenhang mit der zeitlichen Reihenfolge der zu wählenden Module und der hohen Zahl der Modulprüfungen. Weiterhin sei abzuwarten, wie gut sich die Lehrkräfte auf die veränderten Lehrbedingungen einstellten.
Am Ende seines Vortrags unterstrich Dr. Thomann die immer wichtiger zu werdende Aufgabe des Informatikers, Fehlfunktionen, die sich aus der wachsenden Komplexität heutiger Informatiksysteme ergäben, zu verhindern. Die Informatikerausbildung müsse dem durch ein integriertes Thema Rechnung tragen. Darüber hinaus sprach er sich gegen eine Marginalisierung von Hardware im Bereich der Informatikerausbildung aus. Er begründete dies mit Ergebnissen der Hirnforschung, die besage, dass die Greifbarkeit von Gegenständen den Lernprozess deutlich erleichtere.
Nach Einreichung dieses Beitrages wurde der Vortragstext (allerdings leider als *.doc-Datei) von Herrn Dr. Thomann über die Veranstaltungsseite der INFOS'05 öffentlich zugänglich gemacht: is11009.inf.tu-dresden.de/ergebnisse/folien.php