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urn:nbn:de:0043-rhinodidactics-35-0 – Ausgabe 35 vom 1. Mai 2011 (als PDF)

30. April 2011

Ratgeber des Oberstufen-Kollegs: Beirat und Peer-Review

Christian F. Görlich und Meinert A. Meyer

J. Keuffer: Den Beirat hat es nicht von Anfang an gegeben. Zu Anfang hatte von Hentig nur eine Aufbaukommission, an der verschiedene Personen beteiligt waren. Der heutige Wissenschaftliche Beirat hat für uns im Oberstufen-Kolleg sowohl für die Versuchsschule als auch die wissenschaftliche Einrichtung eine wichtige Funktion. Wir freuen uns, dass wir ihn haben.

Der Beirat hat eine wichtige Funktion, insofern er uns, Ludwig Huber, den ehemaliger wissenschaftlichen Leiter, und jetzt auch Hans Kroeger und mich in den ganzen Aktivitäten, die wir zu gestalten haben, berät oder beraten hat. Er ist insofern wichtig, als er ein Netzwerk bildet, mit dem wir beide, Hans Kroeger und ich, arbeiten können. Der Beirat beobachtet unsere Arbeit und – darauf haben uns Hermann Lange und auch Klaus-Jürgen Tillmann als Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats hingewiesen und sie haben eingeführt - der Beirat sollte auch eine deutlichere Funktion in der Qualitätssicherung bekommen. Er ist dann nicht nur freundlicher Berater, kritischer Freund, sondern er übernimmt auch etwas stärker eine Funktion in der Qualitätssicherung.

Was heißt das? Der Beirat: das sind ja alles Persönlichkeiten aus dem wissenschaftlichen und aus dem öffentlichen Leben. Die Forschungsanträge, die wir stellen, und die Ergebnisse der Forschungsprojekte werden von diesen Persönlichkeiten in den Blick genommen, sodass sie uns realistische Auskünfte dazu geben können, wie sie die Qualität unserer Projekte eigentlich einschätzen. Das ist eine andere Funktion als die freundliche Beratung und das Anschieben von Projekten, und beides ist wichtig.

M. Meyer: Ich habe zu Ludwig Hubers Zeiten gesagt, dass der Beirat auch eine therapeutische Funktion habe. Dazu stehe ich auch heute.

J. Keuffer: Was auch in gewissen Phasen richtig ist. Wenn man ein Damoklesschwert über sich sieht, wenn man die krisenhafte Gefahr sieht, dass das eigene Haus geschlossen zu werden droht, dann braucht man hin und wieder auch therapeutische Unterstützung.

Ch. Görlich: Sind eigentlich die Mitglieder des Beirats nur Wissenschaftler? Oder auch Menschen aus der Wirtschaft, etwa Banker?

J. Keuffer: Nein, Banker nicht. Die Satzung sieht eine Mischung von Wissenschaftlern und Personen des öffentlichen Lebens vor. Es gibt dabei keine klare Anzahl; wir sind frei zu wählen.

Ch. Görlich: Wer sind »Wir«?

J. Keuffer: Wer die Besetzung des Beirats bestimmt, hat im Laufe der Geschichte gewechselt. Im Moment ist es die Fakultät für Erziehungswissenschaft; die Fakultätskonferenz wählt die Mitglieder des Beirats und sie werden dann vom Rektorat bestellt. Früher war das anders. Früher war das Oberstufenkolleg eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität. Da hat das Rektorat der Universität direkt gewhlt und bestellt. Jetzt sind wir aber als wissenschaftliche Einrichtung in die Fakultät für Erziehungswissenschaften übergegangen und sind dementsprechend keine zentrale Einrichtung mehr. Das ist im Zuge der Umstellung, die das Haus zwischen 2001-2007 erlebt hat, passiert.

Ch. Görlich: Wie setzt sich der Beirat denn nun zusammen?

J. Keuffer: Es gibt zunächst einmal 3 bis 5 Wissenschaftler, dann einen Vertreter der Zweiten Phase – derzeit Frau Justus aus Hamburg -, einen Vertreter aus dem öffentlichen Leben - in der Regel ist es ein Bildungspolitiker oder jemand aus der Administration und dann darüber hinaus Personen des öffentlichen Lebens - das ist sehr vage beschrieben, Frau Jorzig steht dafür. Sie ist im Stifterverband für den Bereich Lehrerbildung zuständig.

Ch. Görlich: Dieses Gremium also berät sie, gibt Rückkoppelung, Beurteilung über das, was sie tun?

J. Keuffer: Ja! – Im Wissenschaftlichen Beirat ist übrigens auch die Politik vertreten, das habe ich eben noch nicht erwähnt. Es sind die beiden Vorsitzenden der Landtagsausschüsse für Schule und Hochschule. Sie kommen aber mehr unregelmäßig als regelmäßig, weil der Landtagsausschuss viel Arbeit abverlangt. Hin und wieder kann man daran ablesen, wie der Stellenwert des Oberstufen-Kollegs in Düsseldorf gesehen wird. Mal bekommen wir Besuch, mal bekommen wir keinen. Das wechselt eben und wir nehmen es hin. Wir wissen, welch schwierige Aufgaben diese beiden Personen jeweils zu erledigen haben.

H. Kroeger: Wobei früher der Herr Schulz Turnau von der FDP regelmäßig dabei war. Nun war er aber auch in Bielefeld zuhause und konnte seine Teilnahme so leichter einrichten. Auch Frau Beer ist als bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag offiziell als Vertreterin aus der Politik beteiligt.

M. Meyer: Nun kann man fragen, was die Vernunft dieser Mixtur ist. Welchen Mehrwert erhält man dadurch, dass man so verschiedene Gruppenvertreter im Beirat hat?

J. Keuffer: Die Zusammensetzung unseres Beirats stellt eine typische Mischung dar, wie sie in Beiräten des öfteren aufzufinden ist. Es geht darum, die verschiedenen Interessengruppen an einen Tisch zu bringen, und das sind in diesem Falle Schule, Hochschule, Bildungspolitik und die Bildungsverwaltung. Es geht darum, aus diesen verschiedenen Interessengruppen ein Gremium zu bilden, das uns zu Sachverhalten wie Schule, Hochschule oder Übergänge von Schule zu Hochschule etc. berät und die verschiedenen Perspektiven, die es für dieses Feld gibt, in unsere Arbeit am Oberstufenkolleg einbringt.

H. Kroeger: Meinert Meyer hat natürlich recht, wenn er fragt, warum es Wissenschaftlicher Beirat heißt - mit dem deutlichen Adjektiv wissenschaftlich – obwohl einige dieser Personen von der wissenschaftlichen Beratung in ihrer praktischen Funktion etwas entfernt sind. Es handelt sich also eigentlich um einen Wissenschaftlichen und Politischen Beirat, und das entspricht dem, was wir als Auftrag haben: Dass wir eine staatliche Schule sind und dass der Staat, der dafür beträchtliche Mittel bereitstellt, dafür sorgen muss, dass diese Schule sich so entwickelt, dass sie ihrer Funktion als Versuchsschule gerecht werden kann.

Ich bin auch dafür dankbar, dass wir die regelmäßige Beteiligung des Ministeriums, der Bezirksregierung, der Politiker erreicht haben, weil uns das – zumindest im Grundsatz – ganz andere Möglichkeiten eröffnet hat, als wir sie im alten Oberstufen-Kolleg vor 15 bis 20 Jahren hatten. Obwohl wir schon damals den Auftrag hatten, als Versuchsschule für das Land zu wirken, mussten wir uns ständig selber um bestimmte Anfragen kümmern. Wir sind im Ministerium und bei den Schulbehörden sehr oft vorstellig geworden, um zu sagen, dass es hier vom Oberstufen-Kolleg oder auch von der Laborschule bestimmte Erfahrungen und Erkenntnisse gibt, die wir in aktuelle Debatten oder Entwicklungsvorhaben des Landes einbringen können. Das mussten wir aber immer von uns aus initiativ tun, während es jetzt mit dem wissenschaftlichen Beirat im Grundsatz ein ordentliches Gremium gibt, in das die Vertreter der Legislative und der Exekutive eingebunden sind.

M. Meyer: Mir liegt noch an einem anderen Thema. Ihr wisst, ich fahre gern eine Attacke. Ihr habt die Evaluationsgruppe mit Oelkers ins Leben gerufen, weil Ihr den wissenschaftlichen Beirat für die Kärrner-Arbeit, für das notwendige und mühsame Durcharbeiten der Pläne für Forschung und Entwicklung, und nicht für die großen Entscheidungen nutzt. Von der Satzung her könnte der Wissenschaftliche Beirat ja auch solche Entwicklungsvorschläge machen, wie sie jetzt die Peer Group erstellt. Die Peer Group ist natürlich optimal für die »großen« Entwicklungsratschläge qualifiziert. Aber im System ist das so nicht vorgesehen gewesen.

J. Keuffer: Das ist richtig. Aber ich habe in Hamburg Evaluationen, die quer von der Seite kommen, als sehr nützlich kennen gelernt. Der Beirat hat andere Funktionen als eine Peer-Review-Group, wie ich bereits erläutert habe, zum einen die der Beratung, natürlich auch der Stützung des Hauses, dann aber auch der Qualitätssicherung.

Was im Peer-Review Verfahren heraus kommt, ist, ich sage es einmal: Das richtige Querdenken, von der Seite, der Blick von außen. Der Beirat liegt in seiner Struktur dazwischen, halb innen und halb außen. Im jetzigenem Peer Review Verfahren ist es so, dass man Personen gewonnen hat, die über den alltäglichen Betrieb nicht immer informiert sind über das, was wir hier tun. Und das sollen sie ja auch gar nicht. Sie sollen hier hinkommen, sich anschauen, was sie sehen, und dann einmal ihren Querblick reinbringen. Insofern würde ich Meinerts Attacke zurückweisen. Es ist eine Unterschätzung der Qualität der Beiratsarbeit, die nicht nur dazu dient, uns zu stützen. Der Beirat leistet auch Qualitätssicherung. Aber die Qualität des Hauses zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Blick zu nehmen, das habt Ihr im Beirat nicht gemacht.

Für die langfristige Arbeit kann der Beirat sich jederzeit und zu von ihm bestimmten Themen einbringen, und er tut es ja auch.

M. Meyer: Ich sehe mich trotzdem in meiner Beiratsrolle primär rezeptiv. Wir diskutieren eher selten kreativ über die Zukunft dieser Reformschule.

J. Keuffer: Du könntest im Beirat einen Tagesordnungspunkt anmelden und sagen: »Ich möchte jetzt die generelle Linie für die Weiterentwicklung der nächsten 14 Jahre besprechen!« Warum tust Du es nicht?

H. Kroeger: Die Ergebnisse unseres neuen Peer-Review-Verfahrens und deren Folgen für den zu erstellenden Schulentwicklungsplan werden Thema im Beirat sein. Insofern denke ich, werdet Ihr dort hinreichend Gelegenheit haben, auch die großen Entwicklungsperspektiven zu diskutieren.

M. Meyer: Ich danke für die Zurückweisung und für den Ratschlag!

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