If Fase Logo

mit Google im Archiv der If Fase

Ausgabe 26 vom 1. Mai 2008 (als PDF):

23. April 2008 – Johannes Pieper und Ralf Gesellensetter

Umsetzung der Bildungsstandards in den Jahrgangsstufen 5–10

Workshop-Leiter: Humbert und Pasternak

Endlich gibt es sie, die Bildungsstandards für Informatikunterricht in der Sekundarstufe I. Der Ansturm auf den kleinen Seminarraum war entsprechend groß.

Wahrscheinlich war der Ansturm auch deshalb so groß, da einige Workshops kurzfristig abgesagt wurden und einige Teilnehmer ohne Vorbuchung angereist sind. Doch die beiden Referenten, ihres Zeichens Mitwirkende an diesen Standards, haben mit ihrem Workshop auch einen kritischen Blick darauf werfen wollen.

Wechsel von der Input- zur Outputorientierung

Im ersten Teil gewährte Ludger Humbert einen Einblick in die Hintergründe der Bildungsstandards. Dabei betonte er besonders den zu Grunde liegenden Paradigmenwechsel: Bislang orientierten sich Richtlinien und Lehrpläne am Input. Während hierbei das passende Material gleich mitgeliefert wird, besteht für die Lehrperson die Versuchung, dieses unreflektiert an die Lerngruppe weiterzugeben. Spätestens seit dem PISA-Schock ist das messbare Ergebnis in den Mittelpunkt gerückt, das der Unterrichtsprozess liefern soll. Die resultierende Output-Orientierung zeigt sich u.a. in neuen Kernlehrplänen und spielt im Zusammenhang mit G8 eine wichtige Rolle, wenn es um die »Entrümpelung von Inhalten« geht. Sie birgt das Problem, dass Lehren zum »Teaching for the Test« gerät und sich einseitig an Tests und Lernstandserhebungen ausrichtet. In diese Richtung zielen auch die Bildungsstandards.

Arno Pasternak begann seinen Vortrag mit der Gegenüberstellung zweier Assoziationsketten, die zum Nachdenken anregen: Die erste Kette verbindet Bildungsstandards mit Standard, Norm, genormter Mensch und Test. Dazu im Kontrast stehen die Begriffe Individualität, Mündigkeit, Demokratie und Emanzipation als Leitbegriffe moderner Pädagogik.

Beispielszenaria zur Umsetzung der Bildungsstandards Informatik

Den Hauptteil widmete Pasternak zwei Beispielen, die sich auf den Inhaltsbereich »Information und Daten« der Bildungsstandards bezogen: »Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 7 navigieren in Verzeichnisbäumen und verändern Verzeichnisbäume sachgerecht.« Mit welchem Input kann dieses Lernziel nun erreicht werden? Lässt sich ohne Angabe der zu verwendenden Umgebung der geforderte Output erreichen? Im ersten Beispiel ging es um die Installation der einfachen Programmierumgebung COMAL aus einem flachen ZIP-Archiv heraus. Im zweiten Fall mussten einfache Kommandozeilenbefehle angewandt werden, um Verzeichnisse zu erstellen und Textdateien an vorgegebene Orte zu verschieben. Die große Neuheit für die Schülerinnen und Schüler besteht in der Anwendung der Konsole und in der Entwicklung einfacher Batch-Skripte. Die als Aufgabenblatt verteilte Kontrollaufgabe war in je einer Fassung für Linux und für Windows formuliert.

An dem konkreten Beispiel wurde aufgezeigt, dass man durch die neuen Ziele den Inhalt nicht aus den Augen verlieren darf und man die Freiheiten, die die Standards lassen, auch nutzen soll. Insgesamt hervorgehoben wurde durch die beiden, dass sich die Bildungsstandards für die Informatik auf einer großen Anzahl von Kollegen aus dem Bereich Informatik stützt, die an ihm mitgewirkt haben. Dieses ist in der Weise besonders, da dieses für andere Fächer nicht der Fall ist.

Reflexionsrunde

Im Anschluss an den Vortrag erhalten alle 40 Teilnehmer/innen in einer Blitzlichtrunde Gelegenheit zu einer eigenen Stellungnahme: Mehrfach wurde deutlich, dass die Standards für das Fach Informatik bei aller Kritik dankbar erwartet werden – als Orientierung für den eigenen Unterricht und speziell für Quereinsteiger/innen. Eine Kollegin erinnerte das vorgestellte Beispiel an »Malen nach Zahlen« – damit unterstützte sie die Anregung eines Zuhörers, die Navigation durch den Dateibaum mehr problemorientiert (und weniger kleinschrittig) anzulegen.

Einige der Anwesenden hatten eigentlich im Workshop auf eine Präsentation der Standards gehofft. Diese Tatsache nahm Prof. Vahrenhold, der die nächsten Informatiktage in Dortmund organisiert, zum Anlass, mitzuteilen, dass er sich um entsprechende Workshops kümmern wird.

Schlussfolgerung

Als Schlussfolgerung lässt sich sagen: Es ist nicht immer leicht, den allgemeinbildenden Wert des Schulfachs Informatik an den (outputorientierten) Standards abzulesen. Da offen bleiben muss, welche problemorientierten Inhalte als Input taugen, gerät auch der didaktische Begründungszusammenhang in den Hintergrund. Sollten die Bildungsstandards in dieser Form als neuer Kernlehrplan Informatik implementiert werden, wird den Lehrenden mehr Freiheit – aber auch mehr Verantwortung bei der Gestaltung des Informatikunterrichts gegeben. Derzeit sind es allerdings lediglich drei Bundesländer, die Informatik als reguläres Unterrichtsfach in Sekundarstufe I anbieten.

Nachtrag

Mit der LOG-IN Ausgabe Nr. 150/151 sind die Bildungsstandards allen Abonnenten zugestellt worden. Online stehen sie unter der Adresse www.informatikstandards.de der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Die hier veröffentlichten Inhalte stellen keine Meinungsäußerungen der Studienseminare Hamm Arnsberg dar.
© Redaktion If Fase